Montag, 26. Mai 2014

Der Abschied beginnt...

Als wir alle vor knapp einem Jahr in Deutschland am Flughafen standen und Auf Wiedersehen gesagt haben, fiel uns das unglaublich schwer. Ich weiß noch, dass ich an diesem Tag kein bisschen weg wollte, sondern am liebsten zuhause geblieben wäre, weil mir ein ganzes Jahr so schrecklich lange vorkam. Tja, was uns keiner gesagt hat, ist, dass es uns am Ende unseres Auslandsjahres noch tausend Mal schwerer fallen wird, uns zu verabschieden. Dass wir selbst auf die schwierigsten und schmerzhaftesten Momente mit einem kleinen Lächeln zurückblicken werden, weil auch sie unsere letzten Monate so einmalig und erlebenswert gemacht haben. Dass wir die Gesichter der Menschen sehen werden, die uns in der letzten Zeit begleitet haben und verzweifelt nachrechnen werden, wie viele Tage uns noch mit ihnen bleiben. Bei mir sind es 14.
14 Tage bis ich wieder in den Flieger nach Deutschland steige, zu einem Zuhause, dass irgendwie weit in die Ferne gerückt ist. Ich habe es vermisst, unglaublich doll sogar, trotzdem will ich nicht gehen müssen. Ich möchte nicht all diese Menschen hinter mir lassen, nicht nur meine Gastfamilie und Freunde und Bekannte hier, sondern auch alle AFSer, mit denen ich gemeinsam dieses Jahr durchlebt habe. Gestern Abend bin ich vom End-of-Stay-Camp nach Hause gekommen, an dem wir 4 Tage lang einerseits tränenreich zurückgeblickt haben, auf alles, was uns hier bewegt und berührt hat, und andererseits darüber gesprochen haben, was alles auf uns zu kommt, sobald wir wieder zuhause sind.

Es ist verrückt, wie selten man manche Menschen sehen muss, damit sie einem ans Herz wachsen. AFS ist so sehr Familie, dass man selbst mit Betreuern über alles lästern kann, selbst wenn dabei die wichtigsten Regeln gebrochen wurden. Das alles hier wird mir schrecklich fehlen, nicht nur Malaysia selbst, sondern auch genau diese Gemeinschaft, das Wissen, dass du eben doch nicht so weit weg von Menschen bist, die genauso denken und genauso weird sind wie du, wie du dachtest.

Falls sich irgendjemand von euch überlegt, mit AFS ein Jahr ins Ausland zu gehen, TUT ES! Es ist weiß Gott nicht einfach, aber am Ende ist es das alles wert.

Ich werde Malaysia so sehr vermissen. Alles was mich hier umgibt, von kleinen Details bis zum großen Ganzen. Ich habe hier ein Jahr meines Lebens verbracht, und jetzt ist mir fast alles so vertraut, dass es sich komisch anfühlt wieder nach hause zu fliegen. Ich werde vor allem meine Gastfamilie vermissen, und ich hoffe, dass wir auf ewig in Kontakt bleiben, dass ich ihnen einmal Deutschland zeigen kann, dass sie zu meiner Hochzeit kommen und so weiter. Trotzdem wird es für mich Zeit, nach Hause zu gehen, noch einmal von vorne anzufangen und doch auch irgendwie zurück zu kehren zu meiner Heimat. Es hat sich viel verändert, ich habe mich verändert und ich bin mir sicher, auch bei euch hat sich viel getan. Ich freue mich schon darauf, alle Geschichten von euch über das letzte Jahr zu hören und euch von meinen Abenteuern hier zu erzählen. Vorher aber bleiben mir noch 14 Tage, die ich hier verbringen und genießen kann.

Es tut mir leid, dass ich schon so lange nichts mehr geschrieben habe, und das hier wird wahrscheinlich mein letzter Eintrag. Das heißt, nein, es tut mir nicht leid. Ich möchte jetzt noch voll und ganz hier leben und meine Zeit nicht mit dem Schreiben von Mainstream Blogartikeln verbringen, zumal ihr mittlerweile eh wissen dürftet, dass es mir hier im Großen und Ganzen sehr gut geht und ich wunderbar alleine zurecht komme. Alles, was ich in den letzten Wochen getan habe, und was ich noch tun werde, erzähle ich euch dann in Ruhe in zwei Wochen.

Ich hatte ein großartiges Jahr, das ich nie vergessen werde, und jetzt geht es zu Ende. Danke euch allen fürs an-mich-denken und gedanklich-mit-dabei-sein. Malaysia ist jetzt ein Teil von mir und ich hoffe, ich bin auch ein Teil von Malaysia geworden.

Exchange isn't a year in your life, it's a life in one year.

Bis in zwei Wochen, Deutschland.
Danke für alles, Malaysia.


In Liebe,
Edda























Sonntag, 30. März 2014

Die großzügigsten Menschen der Welt...

...sind die, bei denen ich die letzten zwei Wochen verbracht habe. Meine Gastfamilie hatte zwar nicht viel Geld, aber trotzdem den Wunsch, mir unendlich viel zu geben. In den Tagen, die ich bei ihnen war, habe ich Tagebuch geschrieben, und ihr dürft ein wenig davon lesen:
"Es gibt doch so viele Arten, sein Leben zu leben! Eigentlich ist mir schon meine Familie in Ipoh wie der heftigste Unterschied zu Zuhause vorgekommen, doch dann bin ich hierher gekommen. Hier heiraten die Mädchen zwischen 15 und 20 und überall rennen Kinder durch die Gegend, viele haben kaputte Zähne, kleine Hautflechten und verklebte Schnupfennasen. Obwohl ich nicht wie andere in einem Bach im Dschungel duschen muss, war es doch das Lebensbejahendste was ich je getan habe, als ich mir mit eiskaltem Wasser die Haare gewaschen habe. Gestern beim Jungle-Tracking bin ich zweimal fast seitlich ins Gestrüpp gefallen, trotz fester Schuhe, Wanderstock und Schneckentempo, während die kleinen Kinder in Flipflops den Berg runtergerannt sind und das obwohl es in Strömen geregnet hat. Es war aber trotzdem wunderschön, von oben auf einer kleinen Lichtung über die anderen Dschungelberge zu schauen und weißen Nebel aus den Tälern aufsteigen zu sehen"
Ein kleines Dorf, zwischen Dschungel und Teeplantagen, etwa 70-80 Häuser, 500 Menschen, davon mindestens 400 unter 10 und keiner über 65 Jahre alt. Überall stehen kleine Holztürmchen mit schwarzen Auffangbecken, in denen das Regenwasser fürs duschen und kochen gesammelt wird und dazwischen sitzen hellbraune Hunde, Katzen und Hühner unter langen Wäscheleinen mit bunten Sarongs und Tshirts in leuchtenden Farben. Dort saß ich mit 14 anderen Austauschschülern auf dem Boden, entweder am lästern oder am Geschichten austauschen oder einfach nur mit einer Gitarre seltsame Lieder erfinden.
"Wenn die Sonne gerade erst aufgegangen ist, die Berge in der Ferne im Dunst verschwinden und der Himmel in einem strahlenden Blau zu leuchten anfängt, ist der Morgen einfach traumhaft schön! Nachdem es die letzten Tage nur geregnet hat, leuchtet der Dschungel jetzt in sattem Grün, und der Geruch unter den Bäumen ist einfach berauschend: nass, nach feuchter Erde und der guten Luft und süßlich nach Harz. Und dazwischen die Orang Asli, mit ihrer brauen Haut und den von harter Arbeit gezeichneten Körpern, die mit ihren Babys spielen oder im Kreis um ein Feuer sitzen."
Zwei Wochen lang sind wir in diese Blase aus Nichtstun getrieben, wussten morgens noch nicht was wir abends vorhaben, sind doch alle früher oder später in einem Haus gelandet und haben zusammen ferngesehen, mit unseren Gastfamilien gegessen, versucht mit ihnen Malay zu reden, und sind die ganze Zeit in Sarongs durch die Gegend gelaufen. Unser größtes Problem war die Gastschwester von zwei Mädchen im Nachbarhaus, ein Mädchen mit einem Engelsgesicht, süßen Zöpfen, einer total niedlichen Stupsnase und einem Drang dazu, ihre Katze zu missbrauchen und uns zu schlagen.
"Hier auf dem Boden zu frühstücken, im Schneidersitz mit dem Rücken an die Wand gelehnt, während die Sonne durch die offene Sperrholztür hereinscheint oder einfach random zu bemerken, wie sehr ich mich schon ans Sarongtragen gewöhnt habe, bringt mich ins Grübeln, wie viel Luxus denn wirklich notwendig ist. Im Dorf gibt es genau eine asphaltierte Straße, alles andere sind ausgetretene Pfade, die zwischen den Häusern entlang führen. Keine Privatwege oder lange Einfahrten, wer ein Auto hat, parkt es entweder unter dem Vordach vor der Haustüre oder in einem Wellblechverschlag. Unser Haus hier besteht aus Holz, Stein und Wellblech und das ist genug. Natürlich hat man innen die gleichen Temperaturen wie außen, aber da muss man dann eben einen Pullover anziehen. Mir geht das Herz auf, wenn ich meinen kleinen Gastbruder sehe, der mit 13 Jahren die Rolle als Mann im Haus übernimmt. Wenn ich abends lange bei einem von den anderen AFSern zuhause bin, kommt er mich abholen damit ich nicht allen durch die Dunkelheit gehen muss."
Es war wirklich wunderschön, trotzdem ist es auch toll wieder in Ipoh zu sein. Mittlerweile ist es echt nicht mehr viel Zeit, 2 Monate und ein paar Tage und ich möchte bei meiner Gastfamilie sein. Verrückt, wie man auf einmal in "krass, es sind nur noch.." und nicht mehr in "wow, es sind schon.." zählt...

Jetzt werde ich noch mit meinem Artikel für unser AFS Jahrbuch kämpfen und dafür morgen Schule schwänzen (hihi). Auf jeden Fall bin ich im Moment sprachlos vor Dankbarkeit für alle, durch die das hier einmalig geworden ist.

Alles Liebe,
Edda

Freitag, 14. März 2014

Orang Asli Kampung - Aufbruch (Nummer ...?)

Vor dem Ende eines Auslandsjahres in Malaysia steht noch etwas an, das sich Short Term Exchange nennt und soviel bedeutet, wie dass wir Austauschschüler für 2 Wochen in eine neue Gastfamilie umziehen, um noch eine weitere Seite von diesem Land hier zu entdecken.
Für mich geht es wieder Richtung Cameron Highlands, diesmal allerdings in ein Orang Asli Kampung.
Die Orang Asli sind sozusagen die Ureinwohner Malaysias und leben bis heute noch ein traditionelles, auf das Minimum an Notwendigem beschränktes Leben. Auf der Suche nach Bildern habe ich in Google folgendes gefunden:

Bild 1
Bild 2
Bild 3
Bild 4

Wie viele Urvölker sind sie leider auch vom Untergang durch die Modernisierung bedroht: Alkohol, schlecht bezahlte Jobs in Großstädten und ähnliches verderben langsam die Kultur.

Deshalb, und weil ich solche Völker unglaublich faszinierend finde, steige ich nachher mit 15 weiteren AFSern in einen Bus, um wieder einmal in eine neue Welt einzutauchen.

Ich bin schon schrecklich gespannt und muss noch packen, deshalb wird das auch kein sonderlich langer Post, aber ein bisschen kann ich euch noch von meinen letzten Wochen erzählen:
Wir hatten Monthly Exams in der Schule, für mich hieß das Englisch, Mathe, Höheres Mathe (Add Maths), Bio und Physik. Ich habe es geschafft, nirgends durchzufallen und in Englisch sogar ein A zu bekommen, also war ich dieses Mal ganz erfolgreich im den-Ruf-aller-weißen-Menschen-verteidigen!
Gestern war dann noch ein Crosscountry-Schullauf bei dem 600 Mädchen in leuchtend bunten Tshirts durch die Straßen von Ipoh gehechelt sind. Durch die Hitze, die Anstrengung und Wassermangel sind sehr viele im Ziel oder auch schon früher umgekippt und mussten dann ins Krankenzimmer getragen werden. Ich habe (trotz gefühlt exponentiell ansteigendem Körperfettanteil) ganz gut abgeschnitten und bin 8. in meiner Altersklasse geworden.
Gestern Abend habe ich mir dann noch einen Herzenswunsch erfüllt und ein traditionelles Nachthemd mit blauen Blumen gekauft, weswegen ich fantastisch geschlafen habe und jetzt voller guter Laune aufbrechen kann.

Natürlich wird mir während der nächsten zwei Wochen meine Gastfamilie sehr fehlen, vor allem, da uns ja jetzt gar nicht mehr so viel Zeit bleibt, aber ich habe mein Handy im Gepäck und hoffe, es wird trotzdem ein einmaliges Erlebnis.

In 14 Tagen bin ich wieder da, um euch Fotos und Eindrücke zu zeigen!

Bis dahin alles Liebe,
Edda

Samstag, 1. März 2014

Zwischen bunten Blumen, durftenden Früchten und Innerem Frieden


Der kleine, verlebte Tempel, von dem ich immer schreibe, wird renoviert und hat zufällig in exakt dem gleichen Zeitraum das selbe Riesenfestival, das wir vor ein paar Wochen schon mit der Feuerzeremonie gefeiert haben (erinnert ihr euch?).
Mittlerweile habe ich auch den Namen herausgefunden: Thiruvalla.
Für mich bedeutet das jeden Tag nach der Schule mindestens 3 Stunden im Tempel und ich möchte euch jetzt einfach mal von den schönsten Momenten erzählen..
Irgendwann letzte Woche war ein spezielles Ritual, für das meine Gastschwester und ich eine Stunde lang Orangen, Äpfel, Mangos und viele andere Früchte von hier in kleine Stückchen geschnitten und mit einem braunen Gewürzpulver zu einer Masse gematscht haben. Das Schönste daran: unsere Messer waren so stumpf, dass beim "Schneiden" die Fruchtfleischfasern geplatzt sind und der Fruchtsaft nur so herausgetroffen ist. Zusammen mit dem braunen Pulver war das ein überirdisch fantastischer Duft, der den Rest des Tages an unseren Händen haften geblieben ist. So würzig, süß und lecker, dass man automatisch zu lächeln beginnt!
Genau deshalb helfe ich so gerne bei den Vorbereitungen mit. Gestern haben wir unzählige große, leuchtende Blüten in rot, lila, pink, rosa, gelb, weiß, grün und orange von ihren Stängeln abgezupft und zu dicken Blumenketten für die Götterfiguren gebunden. In diesem Geruch nach Natur und Blumenwiese zu arbeiten ist einfach unbeschreiblich. Mitten im Tempel stehen Tische, bedeckt mit bunten Haufen aus dicken Blütenköpfen, nebenher unterhalten sich die Männer und der Tag ist traumhaft schön. 


Während den Ritualen (natürlich immernoch an den Händen schnüffelnd) im Schneidersitz auf dem Boden zu sitzen, den Verwandten meiner Gastfamilie beim renovieren und werkeln zuzusehen und dabei die mir mittlerweile so vertrauten Sanskrit-Gebetsmantras zu hören, ist eines der schönsten Dinge an meinem Auslandsjahr! Es kommen und gehen Menschen, das alles in einer Atmosphäre von entspannter Betriebsamkeit und man übernimmt automatisch diese ruhige Grundhaltung, vollkommen egal, WIE heiß und schwül es ist...
Gestern Abend war das finale Ritual, was bedeutet, dass wir die ganze Nacht wach waren, alle 3 Stunden eine Stunde lang beten und dazwischen reden, lachen, philosophieren. Morgens um halb 3 in der Dunkelheit mit den alten Frauen in ihren leuchtenden Saris lange grüne Gemüsewürmer in kleine Stückchen zerrupfen und dabei ihrem überdrehten Gegiggel zuzuhören, lässt einen die Müdigkeit um einiges leichter ertragen. Ich war zuerst 32 Stunden lang wach und habe dann letzte Nacht 18 Stunden lang geschlafen, ihr könnt sicher verstehen, dass ich bisschen unkreativ bin im Moment...

Aber hiermit habe ich jetzt meine Pflicht getan und euch ein paar Fotos gezeigt (vor allem wegen Mama).
Ich geh jetzt mal frühstücken, euch wünsche ich einen schönen Samstag!
Edda

Sonntag, 9. Februar 2014

Gong Xi Fa Cai (also fast)

Gong Xi Fa Cai ist (3mal dürft ihr raten) chinesisch,  bedeutet im Prinzip "Fohes neues Jahr" – auch wenn es anders übersetzt wird – und wird benutzt, um sich ein frohes chinesisches Neujahr zu wünschen.

Chinese New Year war am letzten Wochenende und alle Austauschschüler wurden wieder in andere Gastfamilien gebracht, um es hautnah miterleben zu können. Wie ihr allerdings an dem Foto links schon sehen könnt, habe ich mich dazu entschieden, bei meiner Familie zu bleiben, um mit ihnen ein sehr wichtiges Festival zu feiern. Aber damit ihr das verstehen könnt muss ich von ganz vorne anfangen:

Mein Gastvater ist unter sehr ärmlichen Verhältnissen in einem kleinen Dorf aufgewachsen, ohne Strom und mit viel Hitze in einer Art Reservat für Inder in Malaysia. Weil seine Eltern gestorben sind, als er noch ein kleiner Junge war, ist ihm die Verbindung mit diesem Dorf umso wichtiger. Sein großer Bruder hat am Ende der einzigen Straße dort einen Tempel gebaut, der im Verhältnis zur Einwohnerzahl riesengroß und für die Lebensverhältnisse dort sehr prunkvoll ist.
Jeder Hindutempel feiert einmal im Jahr ein großes Festival, allerdings an unterschiedlichen Tagen.  Letzten Samstag war dieser Dorftempel dran. Und das Besondere ist, dass die Menschen in den Dörfern dieses Festival viel größer und eindrucksvoller feiern als in den Städten.
Wir sind also morgens hingefahren, haben in der brütenden Hitze gebetet und den Männern dabei zugesehen, wie sie in der prallen Sonne eine Grube ausgehoben haben .


Gebetet wurde aber nicht einfach so, der Priester (der auf dem Foto oben ohne Tshirt in der Mitte) hat mit seiner Tochter gesungen und getrommelt, während ältere Frauen um die 50 von einer Art Trance erfasst getanzt und geschrien haben. Der Höhepunkt war dann, als er auf Schwerter gestanden ist, Asche an die Anwesenden verteilt und anschließend Feuer aus dem Tempel in die Grube getragen hat. 

Um das Feuer aus dem Tempel wurden über einen Meter hoch Holzscheite aufgeschichtet, die mit unglaublicher Hitze gebrannt haben, während wir uns unterhalten und mit den Kindern gespielt haben. Weil es mehrere Stunden dauert, bis so ein Feuer heruntergebrannt ist und uns das Wasser in Strömen den Rücken herunter gelaufen ist, sind wir zu einem Wasserfall am Rand der nächsten Stadt gefahren, haben dort im zum Glück eiskalten Wasser abgekühlt und hinterher am Auto Nasi Lemak gegessen (ein traditionelles Gericht, bestehend aus Reis, Fisch und höllisch scharfer Soße). Anschließend sind wir zum Duschen zu Freunden der Familie gefahren, haben uns dort umgezogen und gerichtet, und versucht, uns davor zu drücken, mit meinen Gasteltern auf eine Wiese außerhalb des Dorfes fahren zu müssen. Das hat aber nicht funktioniert, deshalb durften wir dann zusehen, wie einem jungen Mann unter mitreisender Trommelmusik Limetten an den Rücken gehängt wurden.

Dem Limetten-Mann und einer von Rinder gezogenen Götterstatue hinterher sind wir dann von dieser Wiese aus zum Tempel gezogen, zusammen mit Frauen in gelben Punjabis, die Milchpotts auf dem Kopf getragen haben, die sie über die Götterfiguren im Tempel genießen wollten. Dabei war natürlich auch die obligatorische Trommlergruppe, mit den mittlerweile vertrauten Rhythmen und Gesängen.

Als wir im Tempel ankamen, mit müden Füßen und riesigem Durst, war es schon dunkel und man konnte das Feuerbecken glühen sehen. Nachdem die Scheite heruntergebrannt  sind, waren nur noch weißrot glühende Kohlen übrig, 10m lang, 1,5m breit und 50cm tief. Ich stand ganz dicht dran, gerade mal 3 Schritte entfernt, bei mindestens 50°C und konnte alles sehen: Nämlich wie Männer mit bloßen Füßen über die Kohlen gelaufen sind.



Ihr könnt euch mit Sicherheit vorstellen, dass das ein sehr intensives Erlebnis war, mit den Trommeln und der Hitze und den Schreien und dem ganzen Drum und Dran. Es war wunderschön und ich habe es keine Sekunde bereut, dafür mein Cinese New Year verpasst zu haben!


Ein bisschen chinesische Kultur hatten wir dann aber gestern noch, als ich in Taiping mit anderen AFSern bei der offiziellen Chinese New Year Feier war. 

Mit Tanzvorführungen, einem Auftritt einer Schwertkampfgruppe, einer Rede des Premierministers und Goldregen-Feuerwerk.

In diesem Sinn: Gong Xi Fa Cai, einen schönen Sonntag und eine gute Woche.
Alles Liebe,
Edda

Montag, 20. Januar 2014

Der Tag an dem ich das erste Mal Sari trug... (epische Hintergrundmusik)

Ich werde euch jetzt von dem schönsten Tag überhaupt, dem absolut besten Tag hier in Malayia, erzählen. Aber (muhaha ich habe euch verwirrt) das war NICHT der Tag, an dem ich mein Sari eingeweiht habe. Der Tag von dem ich spreche, war der letzte Dienstag, ein Hindufest, dass sie "Ponggal" nennen.


Früh morgens (also so um 8 Uhr, wir haben natürlich wieder verschlafen) haben wir uns in unsere Punjabis gequält und auf dem Gehsteig vor dem Haus ein kleines Feuer gemacht. Auf ganz traditionelle Weise wurde eine Art Erntedankfest gefeiert, wie "those days" in den Dörfern in Indien. Während der Ponggal (mein Lieblingsreis, erinnert ihr euch?) in der Milch vor sich hingekocht hat, haben wir eine Stunde lang rumgeblödelt, gegähnt und Fotos gemacht. Frisch und kochend heiß wurde der leckere Reismatsch dann bei viel Gerede und Gelächter am Esstisch gefrühstückt, stilecht ein bisschen angebrannt natürlich.

Weil wir alle super müde waren, haben wir uns danach noch einmal hingelegt und sind so um 16 Uhr aufgestanden, um uns für den Tempel fertig zu machen.

Im Tempel haben wir dann noch einmal den Reis gekocht, dieses Mal auf magische Weise ohne Holzfeuergeschmack und weil das wieder eine Weile gedauert hat, wurde auch hier viel getratscht, geredet, gelacht, mit Babys gespielt und friedlich genossen. Nach 6 Monaten kenne ich die ganze Tempelgemeinde, sie kennen mich auch und haben endlich die Scheu vor mir verloren. So war ich mitten drin, dabei im Genießen und vollkommen glücklich!

Okay, das klingt jetzt vielleicht langweilig und umspektakulär, aber hier ist das echt etwas besonderes! Genießen ist eigentlich kein Teil dieser Kultur, "savoir vivre" ist hier nicht nur wegen der Sprache ein Fremdwort, und dann taucht auf einmal irgendwie aus dem nichts dieser vollkommen stress-, streit- und meckerfreie Tag auf, wie eine Insel in der Brandung und es war wirklich wunderschön. Ein Tag vom Aufstehn bis zum Schlafengehn voller glücklichen Minuten!

Nachdem ich so völlig zufrieden mein 16 Lebensjahr abgeschlossen habe, konnte ich auch einen entspannten Geburtstag feiern, ohne viel Tamtam und peinliche alle-singen-für-dich-Momente. An dieser Stelle noch mal ein riesiges DANKE für alle Mails und Glückwünsche, die ich bekommen habe!

Es ist ganz lustig, dass mein Geburtstag mit Abstand der ruhigste Tag der Woche war, denn schon am nächsten Tag (wir sind ja mittlerweile beim Donnerstag angekommen) ging es wieder weiter. Zuerst musste ich zwar blöderweise noch in die Schule, aber danach waren wir schon wieder auf dem Weg in den Tempel. Dieses Mal allerdings nicht in den kleinen alten, von dem ich euch immer erzähle, sondern in einen großen, eindrucksvollen außerhalb der Stadt, der extra für dieses Festival gebaut wurde! 
Wir haben Milch mitgebracht, jeder in einem kleinen Pott und sie zuerst einmal rund um den Tempel getragen und danach den Priestern gegeben, die sie dann über die Statue von Lord Murga gegossen haben.


Eine ganze Woche lang kamen rund um die Uhr Gläubige, ein nicht endender Strom, um dieses Ritual zu vollziehen. Nicht endend! Könnt ihr euch vorstellen, WIE voll es dort war?

Aber es war noch lange nicht so voll wie am Freitagabend, als die Kavadis anfingen. Von dem Abend habe ich keine Fotos, sondern nur Videos und die habe ich aus einem ganz bestimmten Grund nicht hochgeladen. Das war nämlich sehr...ekstatisch. Alle 5 Minuten kam ein Zug mit vorne dran einer Horde eskalierender Jungendliche, die ohne Halten getanzt haben. Direkt dahinter Trommler, diese typischen traditionellen Rhythmen, die einen irgendwie dann doch mitreißen und dahinter dann ein oder zwei Männer, die diese..ähm..andere Form des Betens auf sich genommen haben. Selbstgeißelung. Mit Haken im Rücken oder Spießen im Mund (Genauer erklär ich das nicht, ihr dürft das gern googlen oder meldet euch, dann schick ich euch die Videos. Ich finde nur, dass das nicht vollkommen öffentlich sein sollte.). Mental nicht ganz anwesend und schweißüberströmt haben die sich durch die Menge geschoben, einen Schritt vor den anderen, nur 2m von uns entfernt.
Diese absolut absurde Mischung aus Tanzen, Musik und Schmerzen machen es einem irgendwie unmöglich zu verstehen, was genau da passiert ist, oder Worte dafür zu finden. Man hat immer nur dieses große "Warum?" im Kopf, auf das mir auch meine Gastfamilie keine Antwort geben konnte. Es war in jedem Fall ein sehr intensives Erlebnis, ich bin wirklich froh, es gesehen zu haben, aber ein zweites Mal muss jetzt nicht unbedingt sein.

Wie auch immer, wir waren sehr lange dort, haben kalte Säfte getrunken, Snacks gefuttert und uns durch die Massen geboxt. Es war toll, nach so langer Zeit mal wieder im Trubel zu sein, deshalb würde ich dem Abend trotz der gruseligen Haken und Spieße ein "+" geben.

So, jetzt haben wir es endlich zu DEM Tag geschafft. Dem Tag, an dem ich das erste Mal Sari trug.
Am Samstagabend war noch einmal ein Umzug, diesmal in Little India, dem indischen Stadtviertel in Ipoh. Wir wollten dort ganz entspannt um 16 Uhr nachmittags aufkreuzen, sind  aber wie immer um 17 Uhr erst vom Mittagsschlaf aufgewacht. Dann haben wir festgestellt, dass in meiner Familie keiner richtig Saris binden kann und sind zur Frau des Sohnes der Schwester meines Gastvaters gefahren und haben sie um Hilfe gebeten. Das hat eine Weile gedauert und so sind wir um 20 Uhr in der Stadtmitte angekommen.



Unfassbar viele Menschen, viel laufen, viel lachen, bis halb 3 morgens. Wir durften sogar einen übertrieben drolligen Gedankenleser mit Buntfaltenhose und Hosenträgern kennenlernen, der uns die ganze Zeit erklärt hat, dass er "very, very happy, really, SO happy" ist, uns zu treffen.

Ihr könnt euch sicher vorstellen, WIE müde wir nach dieser Woche waren, deshalb habe ich heute dann auch aus Versehen (und zwar wirklich) verschlafen und war nicht in der Schule.

Ich könnte euch noch so schrecklich viel erzählen, über die Umzüge, Kavadis, die Menschen, die wir getroffen haben und das Essen das wir unterwegs bekommen haben. Aber ich bin zu faul und zu müde, deshalb müsst ihr leider versuchen, euch das vorzustellen oder noch 4 1/2 Monate warten, bis ich es euch erzählen kann.

Jetzt sind es mehr als sechs Monate, die ich hier verbracht habe und weniger als 5, die mir noch bleiben. Ihr bekommt noch ein Bild von mir im Sari und dann gehe ich ins Bett, damit ich morgen rechtzeitig aufstehe.


Alles Liebe und vielen, vielen Dank für alles,
Edda

Sonntag, 12. Januar 2014

Mid Stay Camp - "Reife" Botschafter in Malaysia

Okay, zugegeben, dieser Stand sieht nicht halb so paradiesisch aus wie der auf Pulau Pankor an unserem ersten Camp vor gefühlten 20 Jahren. Am Mid Stay Camp von letztem Mittwoch bis Freitag gings aber auch nicht so sehr um Urlaub und Traumstrände, sondern viel mehr darum, die letzten 6 Monate zu besprechen, Probleme loszuwerden, Geschichten zu teilen und darüber nachzudenken, wie die nächsten Monate noch vollends aussehen sollen.

In 5 Sessions ging es zum Beispiel um die Situation in der Schule, was wir bisher erreicht haben und wie gut der Kontakt mit AFS funktioniert. Weit mehr hat es mir allerdings geholfen, mit den anderen AFSern zu reden! Wir haben vom Frühstück bis weit nach Mitternacht über alles mögliche diskutiert, uns gegenseitig von unserem Jahr erzählt, verglichen, gelacht und gemerkt, dass es uns allen auf die ein oder andere Art genau gleich ergeht. Das nimmt einem die Sorge, dass man der einzige ist, dem etwas seltsam vorkommt, oder der die Sprache noch nicht kann.

Außerdem hatten wir 3 Tage Zeit, alle angestaute Durchgeknalltheit rauszulassen, zu singen, rumzutrödeln, Maccarena zu tanzen und mal nicht die reifen (hust) Repräsentanten unserer Heimatländer zu sein.

Wir alle haben so viele interessante Geschichten zu erzählen, gute, schlechte, lustige, traurige, alltägliche und vollkommen absurde! Das hat mir unheimlich viel zu denken gegeben. Ich habe gemerkt,  dass ich wirklich 6 Monate gebraucht habe, um hier richtig anzukommen. Alles ist so schwer zu verstehen, wenn man europäisch erzogen wurde, es gibt so viele Dinge, bei denen man tief ins Grübeln kommt. Man kann wirklich pochende Kopfschmerzen bekommen, bei dem Versuch, etwas zu begreifen, was für einen vollkommen unbegreiflich erscheint.

Und das Witzige ist: Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr alle wiederum nicht begreifen könnt, wie sehr man durcheinander kommt mit den Werten hier und zuhause und wie sehr man dieses die Horizonte erweitern und Grenzen verschieben am eigenen Körper spürt.
Genau deshalb ist es so wunderbar, dass es AFSer gibt, die genauso durcheinander, chaotisch und seltsam sind wie ich!!!

Weil wir ein ziemlich hibbeliger Haufen waren, mussten uns die Volunteers irgendwann einmal nach draußen bringen. In einem klischeehaft überfüllten Anhänger sind wir im malaiischen Nieselregen durch die Straßen geschaukelt. Links ein Bach, rechts Palmen und Gestrüpp und zwischendrin ca. 35 überdreht kichernde Weltenbummler. Wir haben eine Minifabrik für einen landestypischen Keks "besichtigt" (wir haben uns vollgefressen) und danach in einer kleinen Hütte irgendwo in den Reisfeldern Mais gegessen und Saft getrunken.
Mitten in den Feldern standen ab und zu Betonblöcke ohne Fenster und als ich einen der Volunteers danach gefragt habe (der übrigens mit einem Bein auf dem Trittbrett stand und sich an meinem Sitz festgehalten hat, während er den anderen Fuß weit nach draußen gestreckt hat), meinte er darin nisten besondere Vögel aus deren Nestern die Chinesen eine Art Getreidebrei oder so machen. Ob das schmeckt, weiß ich nicht, aber wir haben eine Viertelstunde darüber diskutiert, wie man denn bitte auf die Idee kommt Vogelnester zu Muß zu verarbeiten und zu essen.

So aufgedreht wir auch waren, ich hatte doch ein bisschen Zeit, darüber nachzudenken, was ich mir am Anfang vor einem halben Jahr alles vorgenommen hatte, und was mir in den nächsten Monaten noch wichtig ist. Ich habe gemerkt, dass die Zeit schreiend vor einem wegrennt, wenn man sich keine Mühe gibt, das meiste rauszuholen.
Also, viel blablabla "von jetzt an mein Bestes geben" blablabla "die letzten Monate unvergesslich machen" eigentlich will ich nur sagen:

Die letzten 5 Monate sind da, ich bin auch da, es kann losgehn!

Hier noch unser offizielles Gruppenfoto


Und ähm...ja...AFS halt...


Alles Liebe,Edda